Das MPU360Grad Konzept
DAS GUTACHTEN
GRÜNDE FÜR EIN GUTACHTEN
Jeder weiß, dass der Richter nach einer Verkehrs-Straftat die Fahrerlaubnis entzieht und eine Sperrfrist festlegt. Viele wissen aber nicht, dass nach Ablauf dieser Frist kein automatischer Rechtsanspruch auf sofortige Neuerteilung einer Fahrerlaubnis besteht.
Vielmehr ist die Behörde (Führerscheinstelle) am Ende der Sperrfrist immer verpflichtet zu prüfen, ob der Bewerber zum Führen eines Kraftfahrzeuges überhaupt geeignet ist, bevor sie eine neue Fahrerlaubnis erteilt. Das richterliche Urteil bzw. die Sperrfrist auf der einen Seite, und die Frage der Fahreignung und der Erteilung eines neuen Führerscheins sind also „zwei Paar Stiefel“.
In den meisten Fällen fällt diese Prüfung der Fahreignung durch die Behörde völlig problemlos und positiv aus: die Sperrfrist ist abgelaufen, nichts spricht gegen die Fahreignung, der Führerschein wird ausgestellt.
In besonderen Fällen gibt es allerdings Zweifel an der Fahreignung. Und zwar in gesetzlich genau definierten Fällen. Die Behörde fordert dann zu einer MPU bei einer neutralen Begutachtungsstelle für Fahreignung auf. Mit dieser MPU wird geklärt, ob die Zweifel an der Fahreignung noch bestehen (ob also noch eine Wiederholungsgefahr besteht), oder nicht. Die MPU bzw. das Gutachten hilft also der Behörde bei der Entscheidung, ob wieder eine Fahrerlaubnis erteilt werden kann oder nicht. Wann ein solches MPU-Gutachten angefordert wird, ist in der Fahrerlaubnisverordnung genau geregelt.
Nachfolgend sehen Sie die wichtigsten Gründe, warum ein solches Gutachten angeordnet werden kann.
Bei Alkohol
Die Anordnung des Gutachtens zur Klärung von Eignungszweifeln bei Alkoholproblematik ist im § 13 FeV geregelt. Die Behörde muss ein Gutachten anordnen:
- bei wiederholter Verkehrsauffälligkeit mit Alkohol
- bei einmaliger Alkoholauffälligkeit mit sehr hoher Promillezahl (über 1,6)
- wenn die begründete Annahme von Alkoholmissbrauch vorliegt
- bei Alkoholabhängigkeit ist ein ärztliches Gutachten erforderlich
Zu viele Punkte
In § 4 StVG ist geregelt, dass der Führerschein bei Eintragung von 8 oder mehr Punkten im Fahreignungsregister (FAER) entzogen wird. Im Fahreignungs-Bewertungssystem ist allerdings vorgesehen, dass Punkte abgebaut werden können, um einen Entzug der Fahrerlaubnis zu vermeiden. Bis zu einem Punktestand von 5 Punkten können Betroffene einen Punkt abbauen, wenn sie freiwillig an einem Fahreignungsseminar teilnehmen. Dies ist jedoch lediglich einmal innerhalb von fünf Jahren möglich. Bei 6 oder 7 Punkten ist eine freiwillige Teilnahme möglich, allerdings ohne Punkterabatt.
Ist die Fahrerlaubnis entzogen, kann erst nach einer sechsmonatigen Sperrfrist ein Antrag auf Wiedererteilung gestellt werden. Ob die Fahreignung wieder gegeben ist, muss vor der Wiedererteilung in einer Medizinisch-Psychologischen Untersuchung überprüft werden.
Drogen
§ 14 der FeV regelt die Klärung von Eignungszweifeln im Hinblick auf Betäubungsmittel und Arzneimittel.
Die Fahrerlaubnisbehörde ordnet in den folgenden Fällen ein ärztliches Gutachten an, das auch der Arzt einer Begutachtungsstelle für Fahreignung erstellen kann:
- Abhängigkeit von dem BtMG unterliegenden Stoffen
- Einnahme von Betäubungsmitteln im Sinne des BtMG
- missbräuchlicher Einnahme psychoaktiver Arzneimittel
Die Fahrerlaubnisbehörde ordnet in den folgenden Fällen ein Medizinisch-Psychologisches Gutachten an:
- wenn die Fahrerlaubnis aus einem der oben genannten Gründe entzogen war
- um zu klären, das Abhängigkeit oder Einnahme nicht mehr vorliegt
- bei gelegentlichem Cannabis-Konsum, wenn geklärt werden soll, ob Konsum und Verkehrsteilnahme zuverlässig getrennt werden können
Die Fahrerlaubnisbehörde kann ein ärztliches Gutachten anordnen bei:
- widerrechtlichem Besitz von BtM
Die Fahrerlaubnisbehörde kann ein Medizinisch-Psychologisches Gutachten anordnen bei:
- gelegentlicher Einnahme von THC
- um sonstige Zweifel auszuräumen
Gesundheitliche Beeinträchtigungen
Die Fahrerlaubnisverordnung sieht ein ärztliches Gutachten bei bestimmten, langfristigen Krankheiten vor. Welche Krankheiten dazu zählen, in der Anlage 4 der FeV zu entnehmen. Dort finden sich unter anderem:
- bestimmte Herz- und Gefäßkrankheiten
- Zuckerkrankheiten mit Stoffwechselentgleisung
- Anfallsleiden
- akute oder schwere psychiatrische Störungen
Bei der Erstellung eines solchen Gutachtens ist zu beachten, dass der Gutachter ein Facharzt mit verkehrsmedizinischer Qualifikation sein muss – und nicht Ihr behandelnder Arzt sein darf.
Weitere Gründe
Es gibt noch weitere Anlässe, die ein Gutachten erforderlich machen können. Dazu zählen folgende Konstellationen:
- Berufskraftfahrer unter 18 Jahren, die vorzeitig die Fahrerlaubnis im Rahmen der Ausbildung erwerben wollen (§ 10 (2) FeV).
- Befreiung von Vorschriften über das Mindestalter (§ 11 (3) Nr. 2 FeV).
- Erwerb oder Verlängerung der Fahrerlaubnis Klasse D, D1, DE oder D1E sowie zur Fahrgastbeförderung (§ 11 (9) und § 48 FeV).
- Straftaten, die im Zusammenhang mit dem Straßenverkehr stehen oder ein hohes Aggressionspotenzial erkennen lassen (§11 (3) Nr. 4 FeV).
- Erhebliche Auffälligkeiten bei einer Fahrerlaubnisprüfung (§11 (3) Nr. 3 FeV).